Noch ein Rabe

Lange Zeit versuchte ich vergeblich, den Raben erneut in meinem Geist erscheinen zu lassen, doch meine Gedanken waren wie ein undurchdringlicher Nebel und sein Bild begann langsam zu verblassen.

Jahre später, inmitten einer weiteren Lebenskrise, traf ich meine Meditationslehrerin. Anfangs sehr mühsam lernte ich nun allmählich immer besser Herr über meine Gedanken zu sein. Und dann tauchte er eines Tages wieder auf, mein Rabe. Immer dasselbe Bild. Einsam flog ich über meine Insel und suchte nach Gesellschaft. Die Vision wurde ein Teil von mir, doch eine Erklärung blieb aus.

Durch regelmäßige Meditationen versetzte ich mich aktiv in die Rolle des Raben. Ich genoss es, den Wind unter meinen Schwingen zu spüren, das Gefühl der Schwerelosigkeit, während die Welt unter mir vorbeizog. Ich liebte meine Insel, aber es fehlte jemand, mit dem ich mein Glück teilen konnte.

Die Zeit verging. Eines Tages, als ich mich wieder in meinen Raben verwandelte, sah ich einen zweiten Vogel in der Nähe. Ein wenig kleiner als ich und mit wunderschönem, schwarz glänzendem Gefieder. Er sah mich erwartungsvoll an. Ich breitete meine Flügel aus und erhob mich leicht in die Lüfte. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie auch der andere Rabe startete. Er folgte mir.

Wir flogen von Norden nach Süden über die Insel, dann entlang des Meeresufers zurück nach Norden und schließlich nach Westen. Stunden vergingen, und ich fühlte die Schönheit meiner Insel intensiver denn je. Es erfüllte mich mit Stolz, meinem neuen Gefährten meine Heimat zu zeigen.

Die Einsamkeit war endlich besiegt. Doch das Rätsel um meine Existenz blieb ungelöst.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert